Berlin, Anfang der 90er. Die Mauer ist gefallen, die Regeln unklar, das Tempo hoch. Niemand weiß, wie es weitergeht. Wer jetzt jung ist, hat keine Anleitung, nur den Wunsch, sich neu zu erfinden. Inmitten des Umbruchs verlieben sich zwei junge Menschen, die nicht unterschiedlicher sein konnten: Lisa aus Marzahn und Cem aus Neukölln. Zwischen Abriss und Aufbruch stellen sich die Beiden gegen alle Erwartungen.Was sie verbindet, ist das was beide suchen: Ein Leben jenseits aller Rollen und Erwartungen, in die sie hineingeboren, »hineinerwartet« oder gezwungen wurden. Je mehr sie jedoch versuchen sich zu finden, ihre eigenen Wege zu gehen, desto mehr entfernen sie sich voneinander. Zwischen Stolz und Sehnsucht, Misstrauen und Selbstüberschätzung verlieren sie am Ende das, wofür sie einmal gestartet sind: Sich!
Berlin Karl-Marx-Platz erzählt die Chronik und musikalische Playlist eines Jahrzehnts. Nach seiner Uraufführung als Musical an der Neuköllner Oper 2021 kommt Berlin Karl-Marx-Platz nun ans Gorki, mit neuem Atem, neuem Text, neuer Musik, neuer Besetzung. Die zweite Uraufführung einer Geschichte über die Liebe im Taumel der 90er, über Aufbruch, Geld und das flüchtige aufleuchten echter Freiheit, ist die Geschichte einer Zeit, in der fast alles verloren ging und doch alles möglich war und eine Einladung noch einmal hinzuschauen, auf das, was war, und auf das, was wir heute nochmals träumen sollten.
Premiere 1/November 2025
Im Rahmen des 7. Berliner Herbstsalon ЯE:IMAGINE: THE RED HOUSE
Hinweis: Die Produktion enthält Stroboskop-Lichteffekte, schnelle und flackernde Bildabfolgen, die negative Auswirkungen auf lichtempfindliche Zuschauer*innen haben können.
Foto: Esra Rotthoff
Bühnenfotos: Ute Langkafel
»Sesede Terziyan und Taner Şahintürk spielen großartig ein Liebespaar, das sich zwischen Selbstverwirklichungsdrang und äußeren Zwängen zerreibt. Falilou Seck gibt einen Sänger-Großvater mit nationalistischem Kulturstolz und verletztem Gemüt, der heute nur noch bei Autohauseröffnungen auftritt. Anastasia Gubareva glänzt als Cems Mutter, eine Arbeiterin mit politischem Bewusstsein, für die Karl Marx nicht nur ein Namensgeber in Neukölln ist – aber wen interessiert das noch? Mican lässt all diese Figuren in ihren Ambivalenzen schillern und einem gerade dadurch ans Herz wachsen. Er zeigt einmal mehr, dass er gegenwärtig der beste Geschichtenerzähler im deutschen Theater ist.«
»Ein Berlin-Panorama erstreckt sich, von der Schubert-Hochkultur des Großvaters bis zur Einwandererkultur der Neuköllner Migrant:innen. Liebevoll blickt Mican auf die Umwege und Irrwege der Menschen und auf die Frage, wessen Träume hier eigentlich gelebt werden: die eigenen oder die der Eltern und Großeltern? Und wer bekommt den Raum, sie zu verwirklichen?«
»Ein letztes Liebeslied, mit dem auch Sesede Terziyan und Taner Şahintürk das Gorki verlassen. Die beiden großen, kraftvollen, emotionalen Protagonist:innen des Hauses, die einem noch für jede Figur auf der Bühne das Herz zu öffnen wissen.«
»So ergänzt sich Micans Liebeslied mit der Ausstellung des Herbstsalons im Gorki, wo es um die erste Generation jener Menschen geht, die im Westen Gastarbeiter hießen. Und die im Stück von sich behaupten: ›Ich habe Deutschland verändert, nicht umgekehrt.‹«
»Wie alle Künstler, die zusammen mit Langhoff das postmigrantische Theater aufbauten, muss auch Mican im nächsten Sommer gehen. Und bei ihm, der mit seinen poetisch-leichten, immer auch musikalisch reichen Bühnenerzählungen durch die Kulturen und Zeiten schwebt, ist das besonders schmerzlich. Seine Berlin-Trilogie, die eine Art Weiterschreibung von Döblins Berlin Alexanderplatz anstrebt und 2020 mit der Geschichte des Kleinkriminellen Can in Berlin Oranienplatz begann, stellt dabei eines der interessantesten Theaterprojekte dar.«