Pressebrief, 25. November

Sehr geehrte Journalist*innen,
 
gerne möchten wir Sie zu der Uraufführung des Stücks der Autorin Sivan Ben Yishai, zur Wiederaufnahme der Inszenierung des Regisseurs Bashar Murkus, zu einer Gast-Premiere und zu den zahlreichen Sonderveranstaltungen, unter anderem zur weihnachtlichen Late-Night-Show mit Kida Ramadan, im Dezember einladen! 
 
Am 17. Dezember feiern wir die Uraufführung des Stücks BÜHNENBESCHIMPFUNG (LIEBE ICH ES NICHT MEHR ODER LIEBE ICH ES ZU SEHR?) von Sivan Ben Yishai, einer der wichtigsten Stimmen auf den Theaterbühnen – aktuell in der Kritiker*innen-Umfrage von Theater heute zur Dramatikerin des Jahres in der Saison 2021/22 gekürt. Nach zwei Jahren, in denen die Theatersäle leer und unbesucht blieben und das Thema Publikumsschwund für das Feuilleton aktueller denn je erscheint, überprüft die Inszenierung: Ist da überhaupt was dran? Was würde das Publikum dazu sagen, wenn es sprechen könnte? Wenn man es fragen würde? In der Produktion, die Ben Yishai »eine offengelegte Operation am Körper der Institution« nennt, erforschen und erspielen die Ensemblemitglieder Aysima Ergün, Lindy Larsson, Vidina Popov und Mehmet Yılmaz die Institution Theater aus drei unterschiedlichen Perspektiven. Derjenigen der Schauspieler*innen, der des Publikums und schlussendlich aus der Perspektive der Institution selbst. Der Text ist dabei Ausgangspunkt, um grundlegende Fragen über Macht, Autokratie, Gehorsam, Zuschauerschaft und Widerstand zu stellen. Herausgefordert, begleitet, konfrontiert werden die Spieler*innen dabei von der next generation, bestehend aus aktuellen und ehemaligen Mitgliedern des Jugendclubs des Gorkis: Sofian Doumou, Zari Eder, Nele Jochimsen und Bashar Kanan. Regie führt der langjährige Hausregisseur Sebastian Nübling. Ein unterhaltsamer, turbulenter Versuch, den Theaterabend zu dekonstruieren und neu zu denken.
 
Noch zuvor, am 3. und 4. Dezember, laden wir Sie herzlich zu der Wiederaufnahme der Produktion SALTY ROADS – طرق مالحة des palästinensischen Autors und Regisseurs Bashar Murkus ein. Gemeinsam mit dem Ensemble aus Maryam Abu Khaled, Karim Daoud und Shaden Kanboura beschäftigt er sich mit den Themen Grenzen, Heimaten und Spaltungen. Ausgangspunkt sind drei Kinder, die im Meer auf ihrem Weg in eine »bessere Zukunft« sterben. In der Tiefe des Meeresgrunds begegnen sie dem Publikum mit einem wütenden Vortrag über das Lernen und die Erziehung. Sie fragen: Was nützt es ein braves, gutes Kind in einer schlechten Welt zu sein?
 
Das Evin-Gefängnis in Teheran machte zuletzt weltweit Schlagzeilen. Inhaftiert sind dort zahlreiche Regimegegner*innen – auch Teilnehmende der jüngsten Proteste. Im Oktober 2022 sind bei einem Großbrand, dessen Ursache unaufgeklärt ist, mehrere politische Gefangene ums Leben gekommen. Die Schauspielerin Maryam Zaree (4 Blocks) wurde in Evin geboren. In ihrem Regiedebüt Born in Evin (2019), das wir am 2. Dezember zeigen, fragt Zaree nach den Umständen ihrer eigenen Geburt und versucht das jahrzehntelange Schweigen zur Gefangenschaft ihrer Familie auf den Grund zu gehen. Im Anschluss an die Filmvorführung sprechen Maryam Zaree und die freie Journalistin Gilda Sahebi vor dem Hintergrund der aktuellen Proteste über den Film.
 
Mit Liebe und Zorn – unter diesem Titel widmet sich der Abend des 13. Dezembers im Studio Я dem literarischen Austausch zwischen vor dem russischen Angriffskrieg nach Deutschland geflüchteten ukrainischen Autorinnen und ihren deutschsprachigen Kolleginnen. Die Brieffreundinnen Daryna Gladun & Asal Dardan, Oksana Stomina & Ulrike Almut Sandig sowie Natalka Sniadanko & Tanja Dückers lesen ihre Texte und sprechen über das Schreiben im Exil und die Macht der Worte angesichts des Krieges.
 
Den Stimmen der Menschen aus Russland, die gegen die Diktatur kämpfen, möchten wir ebenfalls eine Bühne geben: Am 30. Dezember zeigen wir im Studio Я eine Gast-Premiere der Performance THE LAST WORD von Anna Narinskaya in der Regie von Maxim Didenko. Die Produktion basiert auf den Schlussplädoyers und offenen Briefen von Frauen, die vor russischen Gerichten wegen politischer Verbrechen angeklagt wurden. Darunter sind Maria Alyokhina und Nadezhda Tolokonnikova von Pussy Riot, die Künstlerin und Theatermacherin Yulia Tsvetkova, die wegen ihrer Aufklärungsarbeit zum Thema Sexualität beschuldigt wurde, Pornografie verbreitet zu haben, eine Redakteurin des Studentenmagazins DOXA Alla Gutnikova, der vorgeworfen wurde, Minderjährige zur Teilnahme an politischer Demonstrationen aufgerufen haben, und die Künstlerin Sasha Skochilenko, die sich aktuell in Haft wegen Antikriegsaktion befindet und der bis zu 10 Jahren Gefängnis drohen. In dieser Performance, die wir ebenfalls am 31. Dezember zeigen, spielen Alisa Khazanova und Valentin Tszin
 
Zu Weihnachten heißt es bei uns: BERLIN FEIERT RAMADAN. In einer autobiografischen Late-Night-Show am 22., 23., 25. und 26. Dezember reist der Schauspieler und 4 Blocks-Star Kida Khodr Ramadan mit uns durch die Anfänge und Höhepunkte seiner Karriere. Auf der Theaterbühne findet nun die Abrechnung mit dem Filmgeschäft und der Figur Toni Hamady statt. Dafür hat er glitzernde Geschenke im Gepäck. Angehörige und Wegbegleitende, darunter Mitglieder des Seriencasts, unterstützen ihn als Überraschungsgäste. Feiern Sie mit uns!
 
Im Folgenden finden Sie eine Vorschau auf das Monatsprogramm.
 
********************************************************************************************************************
PREMIEREN
 
Uraufführung
BÜHNENBESCHIMPFUNG
(Liebe ich es nicht mehr oder Liebe ich es zu sehr?)
17. Dezember, 19:30 Uhr, Bühne
Von Sivan Ben Yishai
Auf deutscher Sprache mit englischen Übertiteln
 
Regie
Sebastian Nübling Übersetzung Maren Kames Bühne & Kostüm Amit Epstein Musik Lars Wittershagen Dramaturgie Valerie Göhring

Mit Sofian Doumou, Zari Eder, Aysima Ergün, Nele Jochimsen, Bashar Kanan, Lindy Larsson, Vidina Popov, Mehmet Yılmaz
 
Die Autorin Sivan Ben Yishai ist eine der wichtigsten Stimmen auf zeitgenössischen Theaterbühnen. Con/tempus (zeitgenössisch), bedeutet, in der Gegenwart zu existieren oder vorzukommen / mit anderen in der Zeit zu sein – was in gewisser Weise die Forschungsfrage dieses neuen Textes ist. Am Maxim Gorki Theater wurden ihre Stücke Die Geschichte vom Leben und Sterben des neuen Juppi Ja Jey Juden, Papa liebt dich und Oder: Du verdienst deinen Krieg (Eight Soldiers Moonsick) uraufgeführt. Jetzt schaltet sie ihren Blick von der Hinter¬bühne – sie schreibt für die Institution, in der Institution. Ihr neues Stück Bühnenbeschimpfung (Liebe ich es nicht mehr oder Liebe ich es zu sehr?) bestehend aus den Teilen »Der Körper als Institution«, »Der Theaterabend als Institution« und »Die Zukunft auf einem angrenzenden Areal wiedererrichtet«, beschäftigt sich auf radikale Weise mit der Institution Theater – und wächst dabei (wortwörtlich) weit über und aus dieser hinaus. Nach zwei Jahren, in denen die Theatersäle leer und unbesucht blieben, ist Bühnenbeschimpfung eine offene Operation am Körper der Institution. Sivan Ben Yishai benutzt die Institution des Theaters als Ausgangspunkt, um grundlegende Fragen über Macht, Autokratie und die Bühne, Gehorsam, Zuschauerschaft und Widerstand zu stellen, und die Art und Weise, wie sie im Körper, im Theaterabend, im Theater selbst zum Vorschein kommen. 
 
Eingewebt in diese Betrachtungen ist ein multiperspektivischer Chor, mit Stimmen von Masha Gessen, Donna Haraway, Michel Foucault, Paul B. Preciado, Ta-Nehisi-Coates und vielen anderen – die uns vielleicht nicht retten können – aber was wäre wenn doch? Regie führt der langjährige Hausregisseur Sebastian Nübling, der schon viele zeitgenössische Autor*innen auf die Bühne brachte, und anhand des Textes untersuchen wird, was politisches Theater heute sein kann und welche Versuche vergangene Generationen gemacht haben, um die gesellschaftlichen Strukturen mittels Theater zu verändern und aufzubrechen. 
 
Weitere Vorstellung:
25. Dezember, 18:00 Uhr, Bühne

Ein hochauflösendes Bildmotiv zur Ankündigung finden Sie hier. 
 
 
Gastpremiere
THE LAST WORD
30. Dezember, 20:30 Uhr, Studio Я
Von Anna Narinskaya
In englischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Regie Maxim Didenko Nach einer Idee von Alisa Khazanova Bühne Pavel Semchenko Komposition Vladimir Rannev

Mit Alisa Khazanova, Valentin Tszin

Die Performance basiert auf den Schlussplädoyers von Frauen, die vor russischen Gerichten wegen politischer Verbrechen angeklagt waren. Ihre unverblümte Aussage im Gerichtssaal wird zum einzigen Moment der freien Rede, die im heutigen Russland noch existiert. Die Performance versammelt »letzte Worte« von Angeklagten wie Maria Alyokhina, Nadezhda Tolokonnikova, Alla Gutnikova, Sasha Skochilenko, Zarifa Sautieva und anderen, beleuchtet ihren Mut und zeichnet ein Bild des derzeitigen russischen Regimes.
 
Weitere Vorstellung:
31. Dezember, 19:00 Uhr, Studio Я
 
********************************************************************************************************************
 
Wiederaufnahme
SALTY ROADS – طرق مالحة
3. Dezember, 20:30 Uhr, Studio Я
Text und Regie Bashar Murkus
In arabischer Sprache mit englischen und deutschen Übertiteln
 
Bühne & Kostüm Majdala Khoury Musikkomposition Daniel Kahn Übersetzung & Dramaturgische Mitarbeit Christopher-Fares Köhler Dramaturgie Rebecca Ajnwojner
 
Mit Maryam Abu Khaled, Karim Daoud, Shaden Kanboura
 
Drei Kinder starben im Meer, ertrunken auf ihrem Weg in eine »bessere Zukunft«. Sie weigern sich wieder aufzutauchen. Tot wie sie sind, verwehren sie sich den grundlegenden physikalischen, sozialen und politischen Regeln, die sie trotz ihrer kurzen Leben hatten lernen müssen. In der Tiefe des Meeresgrunds begegnen sie dem Publikum mit einem wütenden Vortrag über das Lernen und Erziehung. Was nützt es ein braves, gutes Kind in einer schlechten Welt zu sein? 
 
In der achten Ausgabe der Reihe Mythen der Wirklichkeit erkundet der palästinensische Regisseur Bashar Murkus mit seinem Team das Meer als Ursprung von gestern und heute. Das Meer erzählt nicht nur religiöse und romantische Geschichten. An seinen Ufern werden seit der Antike politische Debatten um Grenzen, Heimaten und Spaltungen ausgetragen. 
Moses spaltete das Meer, Jesus ging über das Wasser und die drei Kinder sind am Boden des Ozeans gefangen. 
 

ثلاثة أطفال موتى في عمق البحر . غرقوا أثناء رحلة بحثهم عن "مستقبلٍ أفضل". رفضوا أن يطفوا جثثاً على وجه الماء، رفضوا كل القوانين الفيزيائية، الاجتماعية والسياسية التي اكتسبوها خلال حياتهم القصيرة.
 
من عمق البحر يقدمون للجمهور محاضرةً صاخبة عن التربية والتعليم.
 
ما معنى ان تكون طفلاً جيداً في عالمٍ سيء ؟
 
في العمل الثامن من سلسلة "أساطير الواقع"  يقدم المخرج الفلسطيني بشار مرقص وطاقم المشروع، عملاً يبحث بالبحر كمصدر لأساطير الحاضر والماضي.
 
البحر كنزٌ من الأساطير العميقة، ليست فقط  دينية أو رومانسية، فمنذ عصورٍ كانت شواطئه ملعباً للنقاشات السياسية عن الحدود، الوطن والنزاعات.

موسى شقَّ له البحر، المسيح مشى على الماء والأطفال الثلاثة تُركوا جثثاً عالقةً في قاع البحر.

 

Die Reihe Mythen der Wirklichkeit wurde gefördert aus Mitteln der Senatsverwaltung für Kultur und Europa

Weitere Vorstellung:
4. Dezember, 19:00 Uhr, Studio Я

Ein hochauflösendes Bildmotiv zur Ankündigung finden Sie hier. 
 
********************************************************************************************************************
 
WEITERE VERANSTALTUNGEN
 
BORN IN EVIN
Film und Gespräch
2. Dezember, 19:30 Uhr, Bühne
Auf deutscher Sprache mit englischen Übertiteln

Buch und Regie Maryam Zaree

Dokumentarfilm, D, AT, 2019, 93 min
 
In ihrem Regiedebüt Born in Evin (2019) sucht Regisseurin und Schauspielerin Maryam Zaree, 1983 geboren, nach Antworten zur Geschichte der gewaltvollen Umstände ihrer eigenen Geburt in einem der berüchtigtsten politischen Gefängnisse der Welt: Evin in Teheran. Im Versuch das jahrzehntelange Schweigen zur Gefangenschaft ihrer Familie auf den Grund zu gehen, betrachtet sie diesen Ort, an dem auch Teilnehmer*innen der jüngsten Proteste inhaftiert sind und erst kürzlich, im Oktober 2022, mehrere politisch Gefangene bei einem Großbrand starben.
 
Der Film wurde 2019 u.a. mit dem Kompass Perspektive-Preis der Berlinale ausgezeichnet und erhielt 2020 den Deutschen Filmpreis in der Kategorie Bester Dokumentarfilm.
 
Im Anschluss an die Filmvorführung sprechen wir mit Maryam Zaree und der freien Journalistin Gilda Sahebi.
 
 
MIT LIEBE UND ZORN
Weiter schreiben Ukraine
Lesung und Gespräch mit ukrainischen und deutschen Autorinnen
13. Dezember, 20:30 Uhr, Studio Я 
 
Weiter Schreiben, das Portal für Literatur aus Kriegs- und Krisengebieten, initiierte Briefwechsel zwischen ukrainischen Autorinnen, die vor dem Angriffskrieg Russlands nach Deutschland geflüchtet sind, und deutschsprachigen Kolleginnen.
 
Es schreiben sich Daryna Gladun & Asal Dardan, Oksana Stomina & Ulrike Almut Sandig sowie Natalka Sniadanko & Tanja Dückers.
 
Was vermag die Macht der Worte angesichts des andauernden Krieges? Wie geht es mit dem Leben und Schreiben im Exil weiter? Und welche Bedeutung hat der Austausch für die ukrainischen Autorinnen? Dieser Abend gehört ihnen, ihren literarischen Korrespondenzen und dem offenen gemeinsamen Gespräch.
 
Weiter Schreiben Ukraine ist ein Projekt von WIR MACHEN DAS, gefördert von der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien.
 
 
BERLIN FEIERT RAMADAN
22. Dezember, 22:00 Uhr, Bühne
 
Von und mit Kida Khodr Ramadan, Juri Steinburg & Gästen
Dramaturgie Simon Meienreis
 
Kein Weihnachtsmärchen: Der als Kind mit seiner Familie aus dem Libanon geflüchtete Kreuzberger Schauspieler und Regisseur Kida Ramadan ist nicht mehr wegzudenken – weder von Kinoleinwänden, Bildschirmen noch großen Preisverleihungen. Als Toni Hamady gelang ihm in der Serie 4 Blocks der Durchbruch.
 
Zu den Festtagen kehrt Kida nun auf die Theaterbühne zurück. In einer autobiografischen Late-Night-Show reist er mit uns durch die Anfänge und Höhepunkte seiner Karriere. Wir folgen ihm in die Gegenwart, in der der Familienvater nicht einmal zum Bäcker gehen kann, ohne nach Selfies gefragt zu werden. Nun folgt die Abrechnung mit dem Filmgeschäft und der Figur Toni Hamady. Dafür hat er glitzernde Geschenke im Gepäck. Angehörige und Wegbegleitende, darunter Mitglieder des Seriencasts, kommen als Überraschungsgäste.
 
Es wird festlich und familiär, musikalisch und unvorhersehbar – eben auf seine Art weihnachtlich. 
 
Weitere Vorstellungen:
23., 25., 26. Dezember, 22:00 Uhr, Bühne
 
Ein hochauflösendes Bildmotiv zur Ankündigung finden Sie hier.

********************************************************************************************************************
 
Mit freundlichen Grüßen
 
Anna Laletina und
Wolfgang Kaldenhoff 
 
Presse 
Maxim Gorki Theater Berlin
Am Festungsgraben 2
10117 Berlin
tel 030  20221 355 / 392
presse@gorki.de
www.gorki.de