Isabella Sedlak

DAS KLEINE STÜCK STOFF
Porträt Isabella Sedlak
Foto: Esra Rotthoff

Isabella Sedlak sollte letzten März ihre erste größere Regiearbeit zeigen, doch dann kam es ganz anders.

Was haben Sie mit dem Schreckgespenst Krampus vor?
Ich kenne den Krampus noch aus meiner Kindheit. Die Krampusse zogen in Gruppen durch Dörfer und Kleinstädte, um die Leute der Tradition entsprechend zu züchtigen. Die kulturelle Funktion der Angstmache möchte ich hinterfragen. Dazu will ich die Krampusse in Kontexte stellen, die sie nicht kennen und in einen Dialog mit ihnen gehen.

Ich dachte, es würde ein Krieg gegen das Schreckgespenst geführt.
Wir werden herausfinden, wofür diese dämonischen Gestalten wirklich stehen. Das ist ja eine Stückentwicklung. Wir werden uns dabei aber sicher auch mit anderen Schreckgespenstern auseinandersetzen. Welche das sind, werde ich erst in den Proben sehen.

Weil die Schauspieler*innen ihre eigenen Schreckgespenster mit einbringen?
Auf jeden Fall. Ziele der Arbeit sind Schreckgespenster vorzuführen oder festzustellen, wie sie funktionieren. Es kommt auch immer darauf an, wer hinter der Maske steckt, wer sich diese mythischen Gestalten aneignet und zu welchem Zweck sie eingesetzt und performt werden.

Vergangenen Mai sollte Premiere sein. Da kam Corona.
Es sollte meine erste große Regiearbeit sein. Damit war dann erst einmal nichts. Kurz bevor die Grenzen geschlossen wurden, flog ich mit einer der letzten Maschinen aus Berlin nach Wien. Mein Stiefvater war ein Pflegefall und meine Mutter brauchte dringend Unterstützung. Die lokalen Pflegedienste waren vollkommen überfordert, weil die aus anderen Ländern kommenden Pflegekräfte nicht mehr zur Verfügung standen. 
Die sozialen Ungleichheiten verschärfen sich durch Corona. Ein Pflegesystem etwa, das auf ökonomische Vorteile baut und nur funktioniert, weil Arbeitskräfte aus osteuropäischen Ländern schlechter bezahlt werden, kollabiert sehr schnell. Die benachteiligten Pflegekräfte verlieren ihre Jobs. Und oft springen dann die Frauen der Familien ein.

Was halten Sie von den Leuten, die keine Maske tragen?
Wenn sich jemand von dem kleinen Stück Stoff so eingeschränkt fühlt, frage ich mich, wie fragil der persönliche Ausdruck in diesem Fall sein muss, um so schnell so gefährdet zu sein.

Interview: Arno Widmann

Krampus: Pelz und Puderzucker

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