Delaine Le Bas

ES IST EINE KATASTROPHE
Porträt Delaine Le Bas
Foto: Esra Rotthoff

Delaine Le Bas möchte endlich wieder reisen können, Kontakt haben mit anderen Künstler*innen aus allen Ecken der Welt.

Kurd*innen, Katalan*innen und andere streben für jeweils für sich einen Staat an. Sie nicht?
Ich bin nicht daran interessiert. Andere schon. Bei Kurd*innen und Kata­lan*innen ist das ja nicht anders. Manche aus unserer Community reden von einem Rom*nja-Staat. Es werden heiße Debatten darum geführt. Ich persönlich finde die Errichtung eines Rom*nja-Staates nicht so wichtig. Aber ich bin ja auch Engländerin und meine Eltern, Großeltern und Urgroßeltern waren schon Engländer*innen. Wer in Gegenden wohnt, in denen er*sie verfolgt und unterdrückt wird, der*die denkt an einen Romani-Staat, von dem er*sie sich eine Befreiung erhofft. Ich denke mehr daran, wie schwer es wäre, zu verhindern, dass wir nicht einfach ein Staat mehr werden mit all den Problemen eines Staates: die Definition eines Staatsvolkes, die Festlegung und Sicherung der Grenzen. Für die einen ist das eine Utopie. Für mich ist es ein Albtraum. Wir müssen uns gründlich nach Alternativen umsehen.
 
Sie sind eine Reisende.
Hier in England wurden die Sinti*zze und Rom*nja »travellers« (Reisende) genannt. Spätestens seit meinem Auftritt 2007 auf der Biennale in Venedig war ich überall auf der Welt unterwegs, traf Künstler*innen und Veranstalter*innen, machte meine Installationen, meine Bilder und Skulpturen. Für mich gehörte der Bezug zu den Orten, für die sie gedacht waren, immer dazu. Das ist vorbei. Zuerst machte ich mir nur Sorgen wegen des Brexit. Jetzt ist Covid dazugekommen. Es ist eine Katastrophe. 
 
Sie verwenden in Ihren Arbeiten die verschiedensten Materialien.
Ich arbeite auch in ganz unterschiedlichen Medien. Ich mag Stoffe, Textilien, aber auch Videos. Bei allem versuche ich, Stereotype zu überwinden. Solche von Groß und Klein, von Männlich und Weiblich, von hoher und volkstümlicher Kunst. Ich verwende gerne alltägliche Materialien so, dass sie wertvoll wirken, ihnen aber anzumerken bleibt, dass sie zweitverwertet wurden.
 
Wissen Sie schon, was Sie auf der geplanten Roma-Biennale im kommenden Jahr im Gorki machen werden?
Wie sollte ich? Wir wissen ja nicht einmal, ob es die Biennale geben wird, geschweige denn wann und zu welchen Bedingungen. Aber natürlich mache ich mir Gedanken.

Interview: Arno Widmann

2nd Roma Biennale WE ARE HERE!

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