»Durchhalten gegen alle Widerstände«: Zum 8. Jahrestag der Verhaftung Osman Kavalas in der Türkei widmet das Maxim Gorki Theater dem Menschenrechtsaktivisten, Geschäftsmann und Gründer der Kulturstiftung Anadolu Kültür am 18. Oktober 2025 zwei Veranstaltungen im Rahmen des 7. Berliner Herbstsalons.
Vor genau 8 Jahren, am 18. Oktober 2017, wurde Osman Kavala am Flughafen in Istanbul verhaftet und wegen Beteiligung an den Gezi-Park-Protesten und dem Putschversuch 2016 angeklagt. 2022 wurde er entgegen einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, das seine unverzügliche Freilassung fordert, zu lebenslanger Haft verurteilt – seit 2023 unter erschwerten Bedingungen. Ende August 2025 erhielt er die Goethe-Medaille für sein zivilgesellschaftliches Engagement, für die Öffnung der türkischen Kulturszene auch mit Blick auf Minderheiten.
Shermin Langhoff, Intendantin des Maxim Gorki Theaters, in ihrer Laudatio für Osman Kavala Ende August 2025 zur Verleihung der Goethe-Medaille in Weimar: „Osman Kavalas große Begabung ist die Fähigkeit, das für notwendig Erachtete auch zu tun. Trotz seiner Inhaftierung ist er einer der wichtigsten Unterstützer kultureller, zivilgesellschaftlicher und bürgerrechtlicher Initiativen in der Türkei. Er tritt ein für den Austausch und Dialog mit Europa. Er ist für jeden, der sich – wo auch immer auf der Welt – für Austausch, Bildung, Erbe der Kulturen, für Vielfalt, Versöhnung und Völkerverständigung einsetzt, ein Vorbild.“
Osman Kavala betonte in seinen Dankesworten die Bedeutung von Kunst und Literatur für kulturelle Verständigung und den Einsatz für Menschenwürde. Angesichts aktueller globaler Herausforderungen rief er dazu auf, für einen „wirklich allgemeinen Humanismus“ einzustehen und zu arbeiten.
Osman Kavala unterstützt seit den 1990er Jahren die Kultur und Zivilgesellschaft in der Türkei.
Im Rahmen des 7. Berliner Herbstsalon zeigt das Gorki am Samstag, 18/Oktober um 21:00 im Studio Я den Dokumentarfilm Feeding the River: 20 Years of Anadolu Kültür (66 min, 2024, Türkei TUR OmeU). Im Anschluss spricht Erden Kosova, Gorki-Dramaturg und Mitorganisator des Herbstsalons, mit Asena Günal (das Gespräch findet in englischer Sprache statt). Die Preisträgerin des Deutsch-Französischen Preises für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit 2019 arbeitete von 1998 bis 2005 als Redakteurin beim İletişim-Verlag. Seit September 2008 ist sie die Programmkoordinatorin von Depo Istanbul, ein Ausstellungsraum für zeitgenössische Kunst, initiiert von Anadolu Kültür. Günal ist Mitbegründerin von Siyah Bant, einer Forschungsplattform, die Zensurfälle im Kunstbereich in der Türkei dokumentiert, und war 2014 Stipendiatin des AHDA-Programms an der Columbia University. Derzeit ist sie die Geschäftsführerin der Anadolu Kültür.
Anadolu Kültür wurde 2002 auf Initiative von Osman Kavala als gemeinnützige Kulturinstitution gegründet, die Menschen aus verschiedenen Bereichen der Kunst, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zusammenbringt. Im Jahr 2022 feierte Anadolu Kültür sein 20-jähriges Bestehen mit verschiedenen Aktivitäten. Im selben Jahr begann die Produktion des Dokumentarfilms Feeding the River: 20 Years of Anadolu Kültür, der sich mit der 20-jährigen Reise befasst und dabei die Entwicklungen in der Zivilgesellschaft sowie in der Kunst- und Kulturszene der Türkei in diesen Jahren thematisiert. Feeding the River ist ein Versuch, darüber nachzudenken, wie die drängenden Probleme der Türkei durch die Kunst angegangen werden können, und die Bedeutung des »Durchhaltens gegen alle Widerstände« im sozialen und politischen Kontext des Landes aus einer »Insiderperspektive« neu zu überdenken.
Aktuelle Informationen zu Osman Kavala sind unter https://osmankavala.org/en/ zu finden.
#FreeKavala
Bei freiem Eintritt ist zudem am Samstag um 19:00 im Marmorsaal innerhalb der Ausstellung zum 7. Berliner Herbstsalon die 7-minütige Performance Raise the Voice von Nasan Tur zu erleben, die er Osman Kavala und denjenigen widmet, die von autoritären Regimen wegen der Äußerung ihrer Meinung, politischen Ansichten oder sexuellen Identität inhaftiert wurden. Täglich zu sehen bis Ende November sind weiterhin seine Installationen Locked Up und What I’ve always wanted to tell you all.
In seinem Projekt Locked Up verwandelt Nasan Tur Gebäude und Straßen, in diesem Fall den Palais am Festungsgraben, in Denkmäler und Erinnerungs- und Solidaritätsorte. Bilder von Menschen, die mutig für Freiheit, Wahrheit und Gerechtigkeit gekämpft haben und dafür ihre eigene Freiheit opfern mussten, blicken die Besucher*innen aus den Fenstern an, lassen die Grenzen zwischen Innen und Außen verschwimmen und erinnern uns daran, welchen Preis der Kampf für eine gerechte Welt in einer Zeit des wachsenden Autoritarismus hat.
Über den Berliner Herbstsalon
Hundert Jahre nach dem ersten und letzten »Deutschen Herbstsalon« Herwarth Waldens im Jahr 1913, eröffnete Shermin Langhoff 2013 mit dem ersten Berliner Herbstsalon ihre Intendanz am Maxim Gorki Theater. Der Berliner Herbstsalon verbindet bildende und darstellende Künste im Format einer interdisziplinären Biennale. Er durchleuchtet hegemoniale Konstruktionen von Identität, Einheit, Herkunft und Nation und setzt dagegen eine Geschichtserzählung der Vielen und den bereichernden Widerstreit der Perspektiven. Unter einer gesellschaftspolitisch relevanten Fragestellung kommen internationale und Berliner Künstler*innen verschiedener Herkünfte zusammen, um in der fragmentierten Mitte der Stadt die Brüche und Kontinuitäten von Historie und Gegenwart zu befragen.
Seit der ersten Ausgabe 2013 folgten in den Jahren 2015 bis 2023 fünf weitere Ausgaben des Herbstsalons mit bis zu 22.000 Besucher*innen pro Festivalausgabe und insgesamt mehr als 1.000 beteiligten Künstler*innen, die allesamt dazu einluden »Geschichte persönlich zu nehmen«.
7. Berliner Herbstsalon am Maxim Gorki Theater
2/Oktober–30/November 2025
Öffnungszeiten Ausstellung
Mi & Do 16:00–20:00, Fr & Sa 16:00–23:00, So 12:00–20:00
Eintritt frei
www.gorki.de
Der 7. Berliner Herbstsalon wird gefördert aus Mitteln des Landes Berlin, Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt. In Kooperation mit Theater findet Stadt e.V.
Pressekontakt
Maxim Gorki Theater
Hendrik von Boxberg (Pressesprecher 7. Berliner Herbstsalon)
Elisa Thorwarth (Pressereferentin und Stellv. Leitung Kommunikation Gorki)
Nino Medas (Pressesprecher und Leitung Kommunikation Gorki)
Presse
Maxim Gorki Theater Berlin
Am Festungsgraben 2
10117 Berlin
Tel. 030 - 20221 355 / 392
presse@gorki.de
www.gorki.de
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7. Berliner Herbstsalon
ЯE:IMAGINE: THE RED HOUSE – Inventories/Interventions/Inventions
2/Oktober – 30/November 2025
Mit Werken von u.a. Nevin Aladağ, Cana Bilir-Meier, Danica Dakić, Zehra Doğan, Daniel Knorr, Hiwa K, Delaine Le Bas, Emine Sevgi Özdamar, Ülkü Süngün, Nasan Tur, Serpil Yeter, Želimir Žilnik und vielen weiteren
Kuratiert von Shermin Langhoff Dramaturgie Erden Kosova (Ausstellung), Johannes Kirsten (Theater), Ong Keng Sen (Performance & Lecture) Rechercheteam Stresemannstraße 30 – Eine Inventur 2025 Hülya Karcı, Erden Kosova, Tunçay Kulaoğlu, Maral Müdok, Gari Vanisian, Mürtüz Yolcu Co-Kurator*innen Programm Roter Salon Tunçay Kulaoğlu & Gari Vanisian (Film), Deniz Utlu & Endre Malcolm Holéczy (Literatur) Kuratorische Assistenz Thalia Hertel (Leitung), Maral Müdok (Ausstellung), Paula Rave (Ausstellung & Performance), Helen Waeder (Theater & Literatur), Theresa Welge (Theater), Asya Yaghmurian (Artist Liaison) Ausstellungsszenografie Alice Faucher Szenografie Assistenz Martha Bamberg, Wanda Prawitt, Paola Schubert, Ruby Wisdom
Weitere Informationen finden Sie auf der Website sowie in unserem Spielzeitheft.