Maxim Gorki Theater zeigt im Rahmen des 7. Berliner Herbstsalon – ЯE:IMAGINE: THE RED HOUSE – Inventories / Interventions / Inventions die Installation SİLİVRİ. PRISON OF THOUGHT von Can Dündar am Roten Rathaus.
Die Installation SİLİVRİ. PRISON OF THOUGHT des türkischen Journalisten Can Dündar, eine abstrahierte, beinah maßstabsgetreue Nachbildung einer Zelle des Silivri-Gefängnisses in der Türkei, konfrontiert die Besucher*innen mit einer politischen Realität, in der Journalist*innen, Künstler*innen, Demokrat*innen und Menschenrechtsaktivist*innen für ihre Arbeit, ihre Kunst, ihre Worte, ihr Denken verhaftet werden. Can Dündar, der selbst in Silivri inhaftiert war, will mit seiner Installation auf die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen in der Türkei aufmerksam machen und ein Zeichen für den Kampf um Demokratie setzen.
Silivri – mit einer Fläche von über einer Million Quadratmetern und zeitweise bis zu 23.000 Insassen das größte Gefängnis Europas – ist ein Symbol für die autoritäre Herrschaft und Gesetzlosigkeit in der Türkei. Unter den Inhaftierten befinden sich Tausende von Oppositionellen und Regimekritiker*innen: Politiker*innen, Journalist*innen, Akademiker*innen, Studierende, Menschenrechtsverteidiger*innen, Künstler*innen. Neben prominenten Gefangenen wie Osman Kavala aus Istanbul, Peter Steudtner oder Deniz Yücel aus Berlin, saßen und sitzen in einer Zelle dieser Art auch zahllose andere Intellektuelle und Dissidenten. Einer der prominentesten Gefangenen ist der Bürgermeister von Berlins Partnerstadt Istanbul, Ekrem İmamoğlu, der bei den Wahlen in Istanbul 2019 die regierende AKP besiegte und später zum Präsidentschaftskandidaten der Opposition gegen Recep Tayyip Erdoğan erklärt wurde. Kurz nach der Ankündigung seiner Kandidatur im Februar 2025, wurde er wegen Korruptionsvorwürfen verhaftet und befindet sich bis heute in Silivri in Haft – mit ihm insgesamt 16 oppositionelle Bürgermeister*innen. Die meisten Gefangenen werden in elf Quadratmeter großen Zellen untergebracht und in Isolationshaft gehalten.
Das Hochsicherheitsgefängnis in Silivri ist nur eine von vielen Haftanstalten, in denen Oppositionelle auf Grundlage fragwürdiger Anschuldigungen festgehalten werden – und es ist längst zum Sinnbild der fortschreitenden Autokratisierung des Landes geworden.
Der von Shahrzad Rahmani als freistehendes, transparentes Objekt entworfene Raum mit einer Grundfläche von 3,94 mal 3,71 Metern verweist auf mehr als das individuelle Schicksal der Insass*innen. Mit einer VR-Brille kann das Publikum einen virtuellen Rundgang durch Silivri machen und einen Eindruck von der Isolation und Haft bekommen.
Im Rahmen des 7. Berliner Herbstsalon haben der Regierende Bürgermeister Kai Wegner und die Bezirksbürgermeisterin von Berlin-Mitte Stefanie Remlinger am heutigen 1/Oktober die Installation SİLİVRİ. PRISON OF THOUGHT von Can Dündar eröffnet. Der Regierende setzt damit als Bürgermeister der Partnerstadt von Istanbul ein Zeichen der Solidarität mit Ekrem İmamoğlu, dem inhaftierten Bürgermeister von Istanbul.
Die Installation ist zunächst vom 1–8/Oktober täglich von 10:00–22:00 am Roten Rathaus zu sehen, bevor sie anschließend vom 9/Oktober–30/November 2025 im Gorki Garten gezeigt wird.
Der Eintritt ist frei.
Can Dündar (1961, Ankara) ist ein türkischer Journalist, Filmemacher und Schriftsteller. Der ehemalige Chefredakteur der Cumhuriyet wurde 2015 inhaftiert, 2016 für schuldig befunden und 2020 in Abwesenheit zu einer Haftstrafe von 27 Jahren verurteilt. Mittlerweile lebt er in Deutschland, betreibt das Nachrichtenportal Özgürüz und schreibt für Die Zeit. Dündar hat mehrere wichtige Auszeichnungen für Pressefreiheit gewonnen.
Ab dem 2/Oktober ab 17:00 ist im Rahmen des 7. Berliner Herbstsalon außerdem Can Dündars Videoinstallation Museum of Small Things im Palais am Festungsgraben zu sehen, die anhand von alltäglichen Objekten die Widerstandsgeschichten politischer Gefangener erzählt.
Weitere Informationen unter www.gorki.de/silivri-prison-of-thought
Über den Berliner Herbstsalon
Hundert Jahre nach dem ersten und letzten »Deutschen Herbstsalon« Herwarth Waldens im Jahr 1913, eröffnete Shermin Langhoff 2013 mit dem ersten Berliner Herbstsalon ihre Intendanz am Maxim Gorki Theater. Der Berliner Herbstsalon verbindet bildende und darstellende Künste im Format einer interdisziplinären Biennale. Er durchleuchtet hegemoniale Konstruktionen von Identität, Einheit, Herkunft und Nation und setzt dagegen eine Geschichtserzählung der Vielen und den bereichernden Widerstreit der Perspektiven. Unter einer gesellschaftspolitisch relevanten Fragestellung kommen internationale und Berliner Künstler*innen verschiedener Herkünfte zusammen, um in der fragmentierten Mitte der Stadt die Brüche und Kontinuitäten von Historie und Gegenwart zu befragen.
Seit der ersten Ausgabe 2013 folgten in den Jahren 2015 bis 2023 fünf weitere Ausgaben des Herbstsalons mit bis zu 22.000 Besucher*innen pro Festivalausgabe und insgesamt mehr als 1.000 beteiligten Künstler*innen, die allesamt dazu einluden »Geschichte persönlich zu nehmen«.
Der 7. Berliner Herbstsalon wird gefördert aus Mitteln des Landes Berlin, Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt. In Kooperation mit Theater findet Stadt e.V.
Pressekontakt
Maxim Gorki Theater
Hendrik von Boxberg (Pressesprecher 7. Berliner Herbstsalon)
Elisa Thorwarth (Pressereferentin und Stellv. Leitung Kommunikation Gorki)
Nino Medas (Pressesprecher und Leitung Kommunikation Gorki)
Presse
Maxim Gorki Theater Berlin
Am Festungsgraben 2
10117 Berlin
Tel. 030 - 20221 355 / 392
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www.gorki.de
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7. Berliner Herbstsalon
ЯE:IMAGINE: THE RED HOUSE – Inventories/Interventions/Inventions
2/Oktober – 30/November 2025
Mit Werken von u.a. Nevin Aladağ, Cana Bilir-Meier, Danica Dakić, Zehra Doğan, Daniel Knorr, Hiwa K, Delaine Le Bas, Emine Sevgi Özdamar, Ülkü Süngün, Nasan Tur, Serpil Yeter, Želimir Žilnik und vielen weiteren
Kuratiert von Shermin Langhoff Dramaturgie Erden Kosova (Ausstellung), Johannes Kirsten (Theater), Ong Keng Sen (Performance & Lecture) Rechercheteam Stresemannstraße 30 – Eine Inventur 2025 Hülya Karcı, Erden Kosova, Tunçay Kulaoğlu, Maral Müdok, Gari Vanisian, Mürtüz Yolcu Co-Kurator*innen Programm Roter Salon Tunçay Kulaoğlu & Gari Vanisian (Film), Deniz Utlu & Endre Malcolm Holéczy (Literatur) Kuratorische Assistenz Thalia Hertel (Leitung), Maral Müdok (Ausstellung), Paula Rave (Ausstellung & Performance), Helen Waeder (Theater & Literatur), Theresa Welge (Theater), Asya Yaghmurian (Artist Liaison) Ausstellungsszenografie Alice Faucher Szenografie Assistenz Martha Bamberg, Wanda Prawitt, Paola Schubert, Ruby Wisdom
Weitere Informationen finden Sie auf der Website sowie in unserem Spielzeitheft.