100 Jahre danach - Krieg, Flucht und Vertreibung heute

Podiumsgespräch

100 Jahre nach dem Ersten Weltkrieg herrschen in Syrien und an der türkischen Ostgrenze wieder Krieg, Flucht und Vertreibung: Die Milizen des Islamischen Staats bekämpfen kurdische, arabische, jesidische, armenische und assyrische Bevölkerungsgruppen.  Welche Rolle spielt die Türkei, welche Europa? Wie kann man die damalige deutsche Verantwortung und die aktuelle Kooperation in Beziehung setzen und was und wie kann man aus der Geschichte lernen, außer dass sie sich als Farce wiederholt. Esra Küçük spricht mit der Historikerin Elke Hartmann, dem Publizisten und taz-Korrespondenten in Istanbul, Jürgen Gottschlich, sowie dem Theaterregisseur der Gorki-Inszenierung Musa Dagh – Tage des Widerstands, Hans-Werner Kroesinger, über Flucht und Vertreibungen heute in Syrien. 

Elke Hartmann studierte Geschichte und Islamwissenschaft an der Freien Universität Berlin und promovierte mit einer Arbeit zu Wehrpflicht und moderner Staatlichkeit in der Spätzeit des Osmanischen Reiches. Seit 2010 leitet sie das Projekt „Houshamadyan“ (www.houshamadyan.org) zur Erforschung von Alltagsleben und -kultur der Armenier im Osmanischen Reich vor dem Völkermord. Seit 2015 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Ludwig-Maximilians-Universität München.
 
Jürgen Gottschlich, geboren in Herne, studierte Publizistik und Philosophie in Berlin. 1979 war er Mitbegründer der Tageszeitung taz und in den 90er Jahren Mitglied der Chefredaktion. Anschließend stellvertretender Chefredakteur der Wochenzeitung Wochenpost. Seit 1998 ist er als Korrespondent der taz und anderer deutscher Zeitungen in der Türkei tätig und hat mehrere Bücher über die Türkei veröffentlicht – zuletzt ist Beihilfe zum Völkermord – Deutschlands Rolle bei der Vernichtung der Armenier im Christoph-Links Verlag Berlin erschienen.
 
Hans-Werner Kroesinger, geboren 1962 in Bonn, arbeitete als Autor und Regisseur u.a. am Staatstheater Stuttgart, am Berliner Ensemble, Theater Augsburg. Er gilt als einer der bedeutendsten Vertreter des Dokumentartheaters. Am Gorki erarbeitete Kroesinger im Rahmen des 1. Berliner Herbstsalons die face-to-face-Performance Wo warst du die letzten 100 Jahre? sowie für den History Campus 14/14 Drei Orte im Sommer. 2015 erarbeitete er für die Veranstaltungsreihe Es schneit im April eine Romanadaption von Franz Werfels Die vierzig Tage des Musa Dagh für die Gorkibühne. 2016 ist er mit seiner Inszenierung Stolpersteine Staatstheater zum Berliner Theatertreffen eingeladen.
 
Esra Küçük (Moderation) ist Politikwissenschaftlerin und seit 2016 Mitglied im Direktorium des Maxim Gorki Theaters. Sie leitet dort den neuen Bereich Gorki Forum. Sie initiierte das deutschlandweite Bildungsprogramm „Junge Islam Konferenz“ und war jahrelang dessen Geschäftsführerin.